Zur Person: Ulrike Sand arbeitet seit 1997 beim STUDIERENDENWERK, zunächst als soziale und psychologische Beraterin, seit 2015 ist sie Abteilungsleiterin für die Dienste Soziales und Interkulturelles. Die studierte Diplompädagogin schätzt die Vielseitigkeit ihrer Aufgaben im Werk –
vom Coaching bis zum Management. Ausgleich zum hektischen Arbeitsalltag findet sie an der frischen Luft beim Wandern.
Die Beratungsstelle des STUDIERENDENWERKS arbeitet mit weiteren Einrichtungen und Partnern zusammen.
Wieso ist ein solches Netzwerk wichtig?
Das Studium und der Lebensraum Hochschule haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Die sozialen und psychologischen Belastungen Studierender wachsen u.a. durch hohen Prüfungsdruck, Pflege von Angehörigen oder die Doppelbelastung von Erwerbstätigkeit und Studium. Umso wichtiger ist es, Studierende bei ihren Anliegen bestmöglich zu unterstützen. Dazu braucht es ein multiprofessionelles Netzwerk, das die gesamte Themenbandbreite abdeckt.
Die Beratungsakteure im Hochschulkontext agieren arbeitsteilig und bieten jeweils für sich professionelle Fachkompetenzen an. So ist es zum einen sinnvoll, sich für die Vermittlung von Ratsuchenden zu vernetzen. Zum anderen können durch die Zusammenarbeit fachliche Probleme gelöst, Möglichkeiten der Kooperation geprüft und Erfahrungen ausgetauscht werden.
Welche Einrichtungen gehören zum Beratungsnetzwerk?
Unsere Beratungsstelle arbeitet eng mit Beratungs- und Serviceeinrichtungen der Hochschulen zusammen, zum Teil in festen Projekten und Kooperationen. Zum Beratungsnetzwerk der Universität Duisburg-Essen (UDE) gehören neben uns der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), das Akademische Beratungszentrum (ABZ), die Hochschulgemeinden, das Akademische Auslandsamt (AAA) und die Bundesagentur für Arbeit.
Außerdem arbeiten wir mit kommunalen Beratungsinstitutionen und Behörden zusammen, um gezielt weitervermitteln zu können. Die psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) in Essen z.B. umfasst ambulante Beratungsstellen wie das Gesundheitsamt, das Jugendpsychiatrische Institut, die Telefonseelsorge und die Wiese, Dachverband für Selbsthilfeeinrichtungen.
Auf NRW-Ebene finden regelmäßig Netzwerktreffen mit anderen Beratungseinrichtungen der Studierendenwerke statt. Hier können wir politische Forderungen platzieren. Schließlich wächst der Beratungsbedarf von Studierenden kontinuierlich.
Wodurch zeichnet sich die soziale und psychologische Beratung des STUDIERENDENWERKS aus?
Unser Beratungsangebot ist zielgenau auf die Belange von Studierenden abgestimmt. Viele nicht-universitäre Beratungsstellen haben kaum Wissen über rechtliche und soziale Sonderregelungen für Studierende. Im Jobcenter kursiert z.B. oftmals das Gerücht, dass sich schwangere Studierende erst exmatrikulieren müssen, um Arbeitslosengeld II beantragen zu können. Das ist eine Fehlinformation. In solchen Fällen können wir vermitteln. Wir informieren über BAföG und Möglichkeiten der Studienfinanzierung, beraten zu Krankenversicherung und Erwerbstätigkeit, bieten internationalen Studierenden Orientierung und unterstützen studierende Eltern.
Im Rahmen der psychologischen Beratung helfen wir z.B. bei der Arbeitsorganisation/Zeitmanagement, bei Identitäts- und Selbstwertproblemen, bei Konflikten mit Eltern, Partnern,Freunden, sowie bei Problemen mit der kulturellen Identität und Stressbewältigung. Unsere Haltung ist, jede Studentin und jeder Student ist bei uns erst einmal richtig – ganz gleich um welches Problem es sich handelt. Grundlage unserer Beratung ist ein ganzheitlicher Ansatz. Denn die Praxis zeigt, dass soziale Anliegen ihren Ursprung häufig in psychologischen Bereichen und umgekehrt haben. Daher ist es besonders wichtig, immer auch nach dem Thema „hinter“ dem Thema zu forschen, um eine dauerhafte und tragfähige Lösung zu entwickeln.
Fällt eine Studentin oder ein Student z.B. aufgrund fehlender Leistung aus der BAföG-Förderung, beraten wir nicht nur zum Thema Studienfinanzierung. Wir fragen nach den Ursachen. Belasten familiäre Konflikte? Gibt es Zweifel am Studium?
Wie sieht die Zusammenarbeit im Netzwerk konkret aus?
In unseren einzelnen Netzwerkkonstellationen treffen wir uns in einem regelmäßigen Turnus, meistens alle sechs bis acht Wochen. Gemeinsam führen wir Fallbesprechungen durch, organisieren Fachvorträge und Fortbildungen und besprechen Entwicklungen in der psychosozialen Landschaft und in der Studierendenschaft. Ein noch recht neues Phänomen ist beispielsweise die Internetsucht. Smartphones, Onlinegames und Social Media, das alles gehört mittlerweile wie selbstverständlich zum Alltag vieler Studierender dazu.
Neben praktischen Vorteilen, „schnell etwas googeln“, besteht auch ein Suchtpotenzial. Denn das Internet ist eine gute Ablenkung und bietet die Möglichkeit, virtuelle Anerkennungen zu bekommen. Natürlich machen nicht alle Aktivitäten im Internet süchtig, doch ist der Grad schmal. Da es sich noch um ein recht junges Krankheitsbild handelt, fehlen valide Forschungsergebnisse, die u.a. Aufschluss über mögliche Behandlungen geben. In solch einem Fall ist der kollegiale Austausch umso wichtiger, um Wissen zu sondieren.
Welche gemeinsamen Ideen und Projekte sind für die Zukunft geplant?
Im Rahmen der PSAG reflektieren wir immer wieder, ob wir alle Beratungsbereiche gelungen abgedeckt haben. Unser mittelfristiges Ziel ist es, unsere Kooperation weiter ausbauen und weitere psychosoziale Beratungsstellen in die AG aufzunehmen. Außerdem stehen themenbezogene Vorträge zu aktuellen Entwicklungen in der Studierendenschaft auf unserer Agenda. Neben der bereits angesprochenen Internetsucht spielen Flucht und Migration, die Internationalisierung, aber auch Belastungen wie die Pflege von Angehörigen eine immer größere Rolle.
Zu guter Letzt gibt es noch etwas zu feiern: Wir können mit unserem Netzwerk in Duisburg auf 20 Jahre Netzwerkarbeit zurückblicken. Das soll und darf natürlich nicht spurlos an der Öffentlichkeit vorbeigehen. Dieser Anlass ist eine gute Gelegenheit unser Beratungsangebot im öffentlichen Diskurs noch präsenter zu machen.