Die Bewertung fällt gemischt aus: Einerseits erhielten knapp 48.000 NRW-Studierende einen Zuschuss aus der Überbrückungshilfe des Bundes und die BAföG-Antragszahlen steigen seit 2020 wieder an.
Andererseits sind finanzielle Notlagen und psychosoziale Belastungen vieler Studentinnen und Studenten weiterhin trauriger Alltag.
Jörg J. Schmitz, Sprecher ARGE StW, kommentiert:
„Nach über einem Jahr Überbrückungshilfe für Studierende in NRW stellen wir fest: Auch wenn in den letzten zwölf Monaten fast 48.000 Studierende in NRW mit rund 38,5 Millionen Euro bezuschusst wurden, sind die Systemfehler dieser vom BMBF entwickelten Nothilfe unübersehbar.
Die Studierenden befinden sich weiterhin in einer pandemiebedingten Ausnahmesituation, aber können die pandemiebedingte Ursache ihrer finanziellen Probleme nicht nachweisen. Die Kriterien für diese Nothilfe waren von Anfang an suboptimal und entsprechen mittlerweile nicht mehr der Lebenswirklichkeit der Studierenden.
Viele Studierende leben von der Hand in den Mund und sind zudem der Dauerbelastung des Distance Learning ausgesetzt. Sozialberatungen und psychologische Beratungen der Studierendenwerke schlagen deshalb Alarm!
Die Studierendenwerke fordern die Politik auf, die Studienfinanzierung über eine Reform des BAföG krisenfest und dauerhaft auskömmlich zu gestalten. Die Überbrückungshilfe kann diese strukturellen Probleme der Studierenden nicht adäquat mildern und läuft zudem Ende September 2021 aus.“
Überbrückungshilfe für Studierende – statistische Daten
- Die Studierendenwerke zahlten seit Ende Juni 2020 rund 38,5 Millionen Euro aus;
- Sie bewilligten knapp 87.000 Anträge und förderten insgesamt ca. 48.000 Studierende. Dies sind fast 8 % der Studierenden im Zuständigkeitsbereich der Studierendenwerke NRW (rund 620.000 Studierende). Durchschnittlich 445 € wurden pro bewilligten Antrag ausgezahlt;
- Nachweis der Notlage: knapp 45 % pausierten oder beendeten ihr Angestelltenverhältnis. Etwa 30 % erhielten keine familiäre Unterstützung mehr;
- Die häufigsten Ablehnungsgründe für einen Antrag waren:
50 % der Studierenden konnten eine pandemiebedingte Notlage nicht (mehr) nachweisen;
Rund 25 % konnten nicht alle notwendigen Unterlagen einreichen. - Fast ein Drittel der Antragsstellenden waren internationale Studierende. Über 60 % der Anträge von int. Studierenden wurden bewilligt, die Quote liegt damit auf dem Niveau der deutschen Studierenden.
Studienfinanzierung
Die Studierendenwerke verzeichnen seit Pandemiebeginn steigende BAföG-Antragszahlen. Die BAföG-Ämter der Studierendenwerke verzeichnen ein Plus von knapp 10 % bei Erst- und fast 75 % bei Wiederholungsanträge, sie bearbeiteten im Vergleich zu 2020 über 40 % mehr Anträge.
Die Ämter sind, auch infolge der gleichzeitigen Bearbeitung der Überbrückungshilfe, stellenweise überlastet. Seit 2019 gab es keine notwendigen Erhöhungen der Aufwandserstattung des Landes für die BAföG-Ämter der Studierendenwerke.
Gutes gibt es von der Darlehenskasse der Studierendenwerke e. V. (Daka) zu berichten: Derzeit laufen intensive Verhandlungen über eine mögliche Ausfallgarantie des Landes für die Darlehenskasse, welche die Hürde für zukünftige Antragsstellungen deutlich herunterschrauben könnte.
Detlef Rujanski, Vorstandsvorsitzender der Daka, führt aus:
„Mit den zinslosen Darlehen in Höhe von maximal 12.000 Euro (plus 6.000 Euro Auslandsförderung) der Daka unterstützen die Studierendenwerke seit fast 70 Jahren Studierende bei der Studienfinanzierung.
Mit dem Daka-Darlehen soll Studierenden die wirtschaftliche Grundlage gegeben werden, sich frei von Belastungen durch Jobs zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Studium zu widmen und dieses erfolgreich abzuschließen.
Ich freue mich sehr über die positiven Signale der Landesregierung, dieses Angebot mit einer möglichen Ausfallgarantie des Landes zu unterstützen. Damit könnte die bislang notwendige Gestellung eines Bürgen für die Studierenden entfallen."
Beratungsstellen
Die Studierendenwerke fordern strukturelle Verbesserungen der Beratungsangebote für Studierende. Infolge der sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Studierende insbesondere die psychosozialen Beratungsstellen an den Hochschulstandorten stark nachgefragt.
Jörg J. Schmitz, Sprecher der ARGE StW, äußert sich wie folgt:
„Der Beratungsraum Hochschule muss von der Politik viel stärker in den Fokus gerückt werden. Die Beratungsstellen der Studierendenwerke sind stellenweise so überlastet, dass keine neuen Termine mehr vergeben werden können.
Auch die Beratungsdauer bzw. Anzahl der notwendigen Beratungssitzungen hat sich überproportional erhöht – ein Spiegelbild der umfassenden psychosozialen Problemlagen, denen die Studierenden in der Corona-Pandemie ausgesetzt sind.
Hierzu hat die ARGE StW im Rahmen einer Anhörung von Sachverständigen am 23.06.2021 im Wissenschaftsausschuss des Landtags Stellung bezogen und eine gezielte finanzielle Unterstützung gefordert, um an den Hochschulstandorten die psychosozialen Beratungskapazitäten für Studierende zu auszubauen.
Über die Arbeitsgemeinschaft Studierendenwerke NRW
Die zwölf Studierendenwerke in NRW sind zum Zweck der Zusammenarbeit und Interessenvertretung in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Sie führt den Namen: „Arbeitsgemeinschaft Studierendenwerke NRW“ (ARGE StW).
Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich für die wirtschaftlichen und sozialen Belange der Studierenden ein und möchte gemeinsam mit den Hochschulen die Studienbedingungen vor Ort positiv gestalten.
Kontakt
Olaf Kroll, M.A.
Referent der Arbeitsgemeinschaft Studierendenwerke NRW
c/o Kölner Studierendenwerk
Universitätsstraße 16
50937 Köln
Telefon: +49 174-1683174
kroll(at)studierendenwerke-nrw.de