Die Psychosoziale Beratungsstelle des Studentenwerks Göttingen hat eine "Kurzanleitung" zusammengestellt, um in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Quarantäne produktiv, zufrieden und gesund durch den Tag zu kommen.
1. Halten Sie eine Tagesstruktur ein!
Überlegen Sie sich eine sinnvolle Aufstehzeit (alles zwischen 6 Uhr für Frühaufsteher und 10 Uhr für Langschläfer ist möglich) und achten Sie darauf, nicht länger als 8-9 Stunden pro Nacht zu schlafen. So nett es sein kann, am Wochenende mal einen Tag im Pyjama zu chillen, so hilfreich ist es, sich an Werktagen morgens zu waschen, anzuziehen, um sich aktiv und energiegeladen zu fühlen. Genauso können Ihnen die üblichen Essens-, Lern- und Schlafenszeiten Halt geben. Und falls Sie keine regelmäßigen Zeiten hatten, versuchen Sie es doch mal damit!
2. Planen Sie Ihren Tag!
Ein guter Tagesplan beugt Gefühlen von Hilflosigkeit und Kontrollverlust vor – statt passiv den Tag an sich vorbei ziehen zu lassen, versuchen Sie ihn aktiv zu gestalten. Setzen Sie sich klare Termine für Dinge, die Sie tun müssen (putzen, abwaschen, Wäsche waschen, Mahlzeiten zubereiten) und Dinge, die Sie tun möchten (Lesezeit, Serien gucken, mit Freunden telefonieren, Sport treiben, Yoga...) – dabei kann es individuell sehr stark variieren, was zu welcher Kategorie gehört. Vielleicht planen Sie schon am Abend vorher, so wissen Sie, was Sie am nächsten Tag erwartet und können motivierter starten. Aber verplanen Sie nie die ganze Zeit, sondern lassen Sie sich auch immer Freiraum, einfach mal die freie Zeit zu genießen.
3. Kontrollieren Sie Ihren Medienkonsum!
Verbringen Sie nicht den ganzen Tag am Handy, am PC oder an der Spielekonsole. Sich an einem Film oder einem Spiel zu erfreuen – gute Idee, aber bleiben Sie nicht stundenlang dran kleben. Entdecken Sie zwischendurch ruhig mal, was Ihr Körper sonst noch so drauf hat und probieren Sie ein paar neue Skills (siehe Punkt 4) aus.
4. Begeben Sie sich auf die Suche nach sinnvollen Projekten!
Was wollten Sie immer schon einmal tun und haben es aus Zeitmangel bisher aufgeschoben. Das Spektrum ist breit: von Frühjahrsputz über basteln, puzzeln, den Balkon bepflanzen/Garten umgraben, endlich mal wieder Tagebuch schreiben, Sprachen lernen... Teilen Sie Ihr Projekt in möglichst kleine Portionen und setzen Sie sich moderate Ziele, die Sie Tag für Tag abarbeiten.
5. Bewegen Sie sich!
Bewegung ist Ihr körpereigenes Medikament gegen Grübeln und negative Stimmungen. Indem Sie sich bewegen, zeigen Sie Ihrem Gehirn mit jeder Faser: Da geht noch was!
Dabei muss es gar kein Hochleistungssport sein, auch ein Spaziergang an frischer Luft, ein Workout zu Hause tut Ihnen gut. Im Internet (jetzt dürfen Sie) können Sie sich Anregungen für Trainingseinheiten auch ohne Geräte holen. Fangen Sie dabei klein an: jeden Tag 5-10 Minuten ist viel besser als einmal zwei Stunden und dann nie wieder.
6. Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte!
Erhalten Sie Ihre sozialen Kontakte möglichst aufrecht, verabreden Sie sich mit Freunden zum regelmäßigen Telefonieren, Chatten oder per Video – nutzen Sie die Zeit, um sich bei "alten" Freundinnen und Freunden wieder zu melden und an Kontakte anzuknüpfen. Keine Lust mehr auf Gespräche - dann überraschen Sie Ihre Freunde mit einer Postkarte, einem Brief oder einer längeren E-Mail. Konzentrieren Sie sich in Ihren Gesprächen und Nachrichten auf die Dinge, die positiv waren am Tag, vermeiden Sie gemeinsames Jammern. Alternativ können Sie auch für sich selbst schreiben – Morgenseiten, Tagebuch, einen Blog...
7. Werden Sie nicht zum COVID-19 Experten!
Informieren Sie sich regelmäßig (einmal am Tag reicht) über die aktuelle Situation, aber übertreiben Sie nicht. Legen Sie sich auf einige wenige Informationskanäle fest und springen Sie nicht von einer Horrormeldung zur nächsten – achten Sie darauf, dass die Krise nicht zu Ihrem einzigen Thema wird.
8. Stärken Sie Ihre Resilienz!
Nutzen Sie die Chance und beginnen Sie Ihr "psychologisches Immunsystem" zu stärken, denn kleine oder größere Krisen treten immer mal wieder auf im Leben. Eine gute seelische Widerstandskraft ermöglicht es Ihnen jedoch, diese zu überwinden und gestärkt aus ihnen hervorzugehen.
Wenn Sie jeden Tag 5-20 Minuten darauf verwenden, z. B. ein Entspannungsverfahren zu erlernen (Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training etc.), eine Achtsamkeitsübung zu machen, Akzeptanz des Unveränderbaren zu üben, die Methode "Choose again" auszuprobieren u. v. m., tun Sie langfristig etwas für Ihre innere Stärke. Resilienz ist erlernbar. So heißt auch das Buch von Birgit Eberle.
9. Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken!
Sollten Sie doch mal in trübe Stimmung geraten, denken Sie darüber nach, was Sie an sich mögen, was Sie gut können, welche positiven Eigenschaften Sie haben, was Sie bisher an positiven Erfahrungen in Ihrem Leben gemacht und was Sie schon bewältigt haben. Und geben Sie nicht gleich auf, wenn Ihnen nicht so viel einfällt – das ist normal in einer negativen Stimmung. Fragen Sie Ihre Freunde oder Ihre Eltern, was sie an Ihnen mögen. Menschen, die Sie gerne haben, fällt bestimmt eine Menge ein.
10. Suchen Sie sich Hilfe!
Wenn Sie in der Krise sind, sich Ihre Gedanken im Kreis drehen und Sie es in Ihrer Wohnung nicht mehr aushalten, suchen Sie sich professionelle Hilfe. Unsere psychologische Beratung hat immer ein offenes Ohr für Ihre Sorgen.